Wie Netzwerkeffekte die Nachfrage eines Produkts beeinflussen können
„Ich brauch das!“ „Warum?“ „Weil es jetzt alle haben!“
So oder so ähnlich hat sicherlich jeder von uns schon einmal argumentiert. Entweder als nörgelnder Teenager auf der einen oder als kopfschüttelndes Elternteil auf der anderen Seite. Der Wunsch, ein bestimmtes Paar Schuhe oder ein spezielles Mobiltelefon zu besitzen, erscheint plötzlich essenziell und übersteigt nicht selten den eigentlichen Nutzen des Produkts. Und er ist auch nicht durch die vermeintliche Selbstaufwertung durch die Marke zu erklären. Man will einfach dazugehören.
Dieses Phänomen basiert auf dem positiven psychologischen Netzwerkeffekt, der häufig als „Mitläufer- oder Herden[-]effekt“ bezeichnet wird. Je mehr Personen im eigenen Umfeld ein bestimmtes Produkt haben, desto entschiedener möchte man es selbst besitzen.
Neben diesem gibt es drei weitere Netzwerkeffekte, die die Nachfrage eines Produkts beeinflussen können:
Netzwerkeffekte | Positiv | Negativ |
---|---|---|
Psychologisch |
Auch „Mitläufer- oder Herdeneffekt“: Der wahrgenommene Nutzen eines Produkts oder einer Dienstleistung steigt mit zunehmender Kunden- bzw. Nutzerzahl, wenn ein Zugehörigkeitsgefühl erzeugt wird. Beispiele: iPhone, weiße Gazelle Sneakers von Adidas |
Auch „Snobeffekt“: Der wahrgenommene Nutzen eines Produkts oder einer Dienstleistung sinkt mit zunehmender Kunden- bzw. Nutzerzahl, wenn das Gefühl der Exklusivität schwindet. Beispiele: Chanel Handtasche, VIP-Tickets |
Faktisch |
Der (in)direkte Nutzen eines Produkts oder einer Dienstleistung steigt mit zunehmender Kunden- bzw. Nutzerzahl, wenn beispielsweise ergänzende Produkte entwickelt werden oder die Nutzung erst in einer breiten Masse Sinn macht. Beispiele: Soziale Netzwerke, neue Technologien |
Der (in)direkte Nutzen eines Produkts oder einer Dienstleistung sinkt mit zunehmender Kunden- bzw. Nutzerzahl, wenn die benötigten Kapazitäten nicht vorhanden sind. Beispiele: Liegen am Hotelpool oder am Strand, Saunabesuch |
Der positive faktische Netzwerkeffekt tritt auf, wenn es einen realen, gesteigerten Nutzen durch zusätzliche Käufer bzw. Nutzer gibt. Ein Beispiel: Je mehr Virtual Reality-Brillen verkauft werden, desto mehr entsprechende Programme und Spiele werden entwickelt, desto schneller fallen die Brillenpreise und umso mehr Komplementärprodukte (Steuerungselemente, 360-Grad-Laufbänder etc.) kommen auf den Markt.
Entsprechend dieser Logik gibt es auch negative Netzwerkeffekte. Ein negativer psychologischer Netzwerkeffekt liegt vor, sobald der Kaufantrieb den Wunsch nach Exklusivität beinhaltet. Daher wird diese Variante häufig kostspieligen Luxusprodukten zugesprochen, weil aufgrund des hohen Preises eine limitierte Verbreitung entsteht. Je weniger Personen das Produkt besitzen, desto exklusiver fühlen sich die Käufer. In diesem Fall spricht man auch vom „Snobeffekt“.
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Der negative faktische Effekt betrifft in diesem Fall alle Produkte, bei denen der reale Nutzen durch zusätzliche Käufer bzw. Nutzer sinkt ̶ etwa bei einem Saunabesuch, beim Skifahren oder beim Telefonieren an Silvester (bis das Netz letztlich kollabiert). Dieser negative Effekt tritt immer dann auf, wenn begrenzte Ressourcen vorliegen, die kurzfristig nicht ausgebaut werden können (mehr Saunahütten, Pisten, Netzabdeckung) und betrifft in erster Linie Dienstleistungen.
Für Marken sind alle diese Effekte vorteilhaft. Sie bedeuten nämlich eine intensivere Nachfrage. Bei positiven Netzwerkeffekten kann diese durch Mehrabsatz monetarisiert werden. Bei den negativen durch die Abschöpfung einer erhöhten Zahlungsbereitschaft, indem den Konsumenten eine gewisse Art von Exklusivität eingepreist wird. Allerdings lassen sich vor allem positive Netzwerkeffekte nur schwer von Marken selbst provozieren.
Einer besonderen Herausforderung stehen Dienstleister gegenüber, deren Service durch eine optimale Anzahl an Netzwerk-Teilnehmern charakterisiert ist, etwa bei Clubs und Bars. Wer will schon allein im Club stehen? Aber in der überfüllten Disco stundenlang auf ein Getränk warten, ist auch nicht erstrebenswert. Für solche Dienstleistungen ist eine flexible Preispolitik ein bewährtes Instrument.